Acht Stadtteile unter einem Dach

Heute erscheint es uns folgerichtig, dass sich unsere acht Stadtteile unter Bewahrung ihrer Identität als Stadt Bad Oeynhausen zusammengehörig fühlen. Dass diese vor 50 Jahren getroffene Entscheidung alles andere als selbstverständlich war, zeigen die sich über viele Jahre hinziehenden Verhandlungen zwischen Stadt Bad Oeynhausen, Amt Rehme, den Gemeinden Dehme, Eidinghausen, Lohe, Rehme, Volmerdingsen, Werste, Wulferdingsen sowie Kreis Minden und Land NRW.

Der Kreistag hatte bereits 1968 alle „Einzelbefindlichkeiten“ buchstäblich „vom Tisch gefegt“ und den Zusammenschluss von Amt und Stadt zur Großgemeinde als Richtung vorgegeben: Durch Kooperation die Zukunftsfähigkeit des Großraumes sichern. Bis sich diese Erkenntnis vor Ort in Politik und Bevölkerung durchsetzt, vergehen noch fünf „hitzige“ Jahre.

Der Zusammenschluss zur neuen Stadt Bad Oeynhausen wird zum 1. Januar 1973 vollzogen.

Stadtgebiet der Stadt Bad Oeynhausen seit dem 1. Januar 1973

Wie war das vor 50 Jahren mit der Gebietsreform?  

Am 1.1.1973 trat das sogenannte „Bielefeld-Gesetz“ in Kraft, die Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Bielefeld. 

 

Ein Bündel unterschiedlicher Interessen und das zähe Ringen aller Seiten, für sich das Bestmögliche herauszuholen, prägt die Diskussion unzähliger „heiß“ geführter, langer Amts-, Gemeinde- und Ratssitzungen.

Während sich das Amt Rehme und seine sieben Gemeinden von Anfang an für die „Große Lösung“ mit nur einer Verwaltung aussprechen, plädiert die Stadt Bad Oeynhausen für die „Kleine Lösung“. Einen Anschluss der Landgemeinden nördlich der Werre meint die Stadt sich nicht leisten zu können, um den Status als prosperierende Kurstadt und ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Staatsbädern nicht zu gefährden. Bad Oeynhausen unterbreitet im Laufe der Zeit mehrere Vorschläge: Diese reichen vom Zusammenschluss mit Teilen Rehme-Oberbecksens und Melbergens sowie der Lohe über einen Verbund mit allen Gemeinden zentralörtlicher Bedeutung (d.h. ohne Volmerdingsen und Wulferdingsen aufgrund deren überwiegend landwirtschaftlich geprägten Charakters) bis hin zu dem Vorstoß, lediglich der Gemeinde Lohe eine Kooperation anzubieten. Rehme wertet diese Vorstöße als Affront. Im Amt herrscht Einigkeit: Alle oder Keiner! Tatsächlich ist nicht eindeutig ausgemacht, ob die Wirtschaft in der Stadt Bad Oeynhausen oder im Amt Rehme stärker expandiert und wer wo Nutznießer bzw. Verlierer einer Großgemeinde ist, vor allem langfristig betrachtet.

Zu dem HIN und HER zwischen Stadt und Gemeinden kommt weiterer Diskussionsstoff: Oeynhausen und Löhne streiten um eine Grenzverschiebung in Löhne-Gohfeld zugunsten der Kurstadt, eine von der Landesregierung ins Gespräch gebrachte Erweiterung des Kreises Herford um Amt Rehme und Stadt Bad Oeynhausen erhitzt die Gemüter … oder doch alles beim Alten in zwei Verbünden belassen? Die „Gerüchteküche“ brodelt: Zusammenschluss der Kreise Minden und Lübbecke mit Löhne? … oder ein Großkreis mit Herford? … und schließlich die offensive Forderung Niedersachsens nach Gebietstausch: Alle nördlich des Wiehengebirges gelegenen Gebiete Minden-Lübbeckes inklusive der Stadt Minden gegen den südlichen Osnabrücker Raum!

Auch wenn es immer mal wieder „Ausreißer“ gibt: Plötzlich möchte Werste einen eigenen Gemeindebund bilden oder Volmerdingsen und Wulferdingsen bringen die Idee einer Großgemeinde „Bergkirchen“ mit Teilen Hilles ins Spiel oder ganze Fraktionen stimmen für einen Zusammenschluss mit Löhne … treten das Amt Rehme und seine sieben Gemeinden weitgehend geschlossen auf. Sie halten an ihrer ersten partei- und gemeindeübergreifenden Abstimmung für die „Große Lösung“ fest – so wie sie heute seit 50 Jahren besteht!

Bei näherem Hinsehen ist eine Zusammengehörigkeit des gesamten Gebietes „Untere Werre“ nicht von der Hand zu weisen. Keiner der politisch Verantwortlichen stellt das tatsächlich in Frage. Eine sinnvolle Zuordnung der umliegenden kleinen Gemeinden zum zentralen Ort, um die Leistungsfähigkeit insgesamt zu stärken, ist gerade Sinn und Zweck der Gebietsreform. Siedlungsunterschiede ausgleichen und zukünftige Aufgaben wie Schulwesen, Verkehrserschließung, Gesundheitswesen, soziale Einrichtungen kooperativ effektiver erfüllen zu können ist das Ziel. Die pragmatischen Überlegungen setzen sich vor Ort schließlich durch. In gegenseitigem Einvernehmen wird der Weg zur „Großen Lösung“ geebnet. Nun beginnt die Auseinandersetzung ums Detail, die Einforderung spezieller gemeindeseitiger Wünsche und letztendlich die Einigung zwischen Amt, Gemeinden und Stadt auf gemeinsame kommunale Projekte und einen neuen Stellenplan, der zwei Verwaltungen auf gerechte Weise vereint. Ein Punkt, an dem die Stadt Bad Oeynhausen und das Staatsbad festhalten, aber in diesen Verhandlungen zunächst außenvor lassen, ist die Gebietserweiterung in Kurparknähe für den Bau neuer Sanatorien und Kuranlagen. Hier sieht sich Bad Oeynhausen als Staatsbad in einer Sonderrolle gegenüber anderen Kommunen.

150 Parlamentarier aus Stadt, Amt und den Gemeinden Dehme, Eidinghausen, Lohe, Rehme, Volmerdingsen, Werste und Wulferdingsen beschließen den kommunalen Zusammenschluss und erarbeiten eine Grundlage für die Arbeit nach Inkrafttreten der Gebietsreform.

 

Vertragliches in Kürze:

  • zukünftiger Name der neuen Großgemeinde ist BAD OEYNHAUSEN, Stadt mit acht Stadtteilen
  • Aufhebung der bisherigen Zweckverbände und Neubildung: Wasserbeschaffung, Abwasserbeseitigung, Verkehrsverband, Sparkasse, VHS, Vereinbarungen über Schulwesen …
  • zukünftig ein Standesamtsbezirk, Auflösung der Standesämter in den Gemeinden
  • Vereinigung der Feuerwachen, Zusammenschluss der Freiwilligen Feuerwehren
  • Bebauungspläne behalten Gültigkeit unter Vorbehalt, Flächennutzungspläne sind Beurteilungsgrundlage
  • Weiterbestand der Städtepartnerschaft mit Fismes
  • eine Verwaltung mit zwei Rathäusern: Rathaus I (Zentrale-, Bürger-, Ordnungsdienste) und Rathaus II (Bau- und Sozialamt)
  • zahlreiche Umbenennungen: 44 neue Ortsschilder mit Stadtteilnamen, Postleitzahlen, Straßen, Schulen (die vier Hauptschulen werden beispielsweise nach Himmelsrichtungen umbenannt)
  • Priorisierte Projekte in den kommunalen Bereichen Schul-, Sozialwesen, Verkehr und Erholung: Ausbau städtisches Gymnasium zu Schulzentrum, Bau eines Alters- und Pflegeheimes, Ausbau ZOB und zusätzliche Parkplätze in dem Bereich, Erweiterung der Grünanlagen (Bad Oeynhausen); Ausbau Hermann-Löns-Str. (Rehme); Kindergarten, Kinderspielplatz, Gehsteigausbau Detmolder Str. (Lohe); Kindergarten, Kinderspielplatz (Dehme); Endausbau Werrestr. (Eidinghausen); Lehrschwimmbecken (Werste); Erweiterung Grundschule (Volmerdingsen); zweizügige Grundschule, Weiterentwicklung zum Zentrum der Moortherapie (Wulferdingsen); und außerdem: Garantie für Fortbestand der Sportanlagen, Schwimmbäder, Mehrzweckhäuser/Bürgerhäuser, Kinderspielplätze, Grundschulen, Vorschulklassen, Schulkindergärten, Zuwendungen für Vereine

Die neue Grenzziehung bleibt hinter den Wünschen von Stadt und Staatsbad zurück: Bad Oeynhausen erhält Löhner Gebietsteile zwischen Sielpark und der alten L 777 und nicht – wie erhofft – den gesamten Bereich bis zur Mittelbachlinie.

  • Zusammenschluss der Stadt Bad Oeynhausen und der 7 Gemeinden des aufgelösten Amtsbezirks Rehme zur neuen Stadt Bad Oeynhausen
  • Auflösung der Altkreise Lübbecke und Minden sowie Zusammenschluss zum neuen Kreis Minden-Lübbecke

Interimszeit bis zur Kommunalwahl:

  • beauftragter Bürgermeister: Willi Ohm (zuvor Amtsbürgermeister Rehme)
  • beauftragter Stadtdirektor: Werner Meyer zu Selhausen (seit 1968 Bad Oeynhausens Stadtdirektor, 1960-1968 Stadtdirektor Heinz Reiss)

  • Bürgermeister: Dieter Fürste
  • Stadtdirektor: Werner Meyer zu Selhausen (Er überlässt seinem Gegenkandidaten Karl Heinz Gaul –  bis Ende 1972 Amtsdirektor – die Stadtdirektorenstelle für drei Monate, bis zum Ablauf dessen 12-jähriger Amtszeit als Wahlbeamter)

Die alte Amts- und Stadtwappensymbolik wird in einem neuen Wappen vereinigt.

Neugliederung Wappen Stadt Bad Oeynhausen