Kontakt

Stadt Bad Oeynhausen

Grünflächenmanagement

Josef Brinker
Schwarzer Weg 6
32549 Bad Oeynhausen

Telefon: +49 (0) 5731 14 - 2116

E-Mail   |  Öffnungszeiten

Öffnungszeiten

Allgemeine Öffnungszeiten
Montag 08:00 - 12:30 & 14:00 - 16:00 Uhr
Dienstag 08:00 - 12:30 & 14:00 - 16:00 Uhr
Mittwoch 08:00 - 12:30 Uhr
Donnerstag 08:00 - 12:30 & 14:00 - 17:30 Uhr
Freitag 08:00 - 12:30 Uhr

Biodiversität & Klimaanpassung

Ein Maß für die Anzahl an Tier- und Pflanzenarten innerhalb eines Lebensraumes ist die Artenvielfalt. Kommen genetische Vielfalt und die Vielfalt der Ökosysteme hinzu, dann spricht man von Biodiversität.

Neben Boden, Wasser und Luft stellt die Biodiversität eine wichtige Ressource der Erde dar, die es zu erhalten gilt. Denn viele Arten werden als Nahrung verwendet oder spielen u.a. für die Arzneimittelherstellung eine wichtige Rolle. Das ökologische Gleichgewicht hängt von der jeweiligen Artenzusammensetzung ab. Ist es gestört, kann dies für das Klima unabsehbare Folgen haben, wie z.B. Extremstürme, Trockenheit, Überschwemmungen, Überhitzung der Städte, invasive Ausbreitung von bisher nicht auffällig gewordenen oder vorhandenen Pflanzen, Tieren, Bakterien und Viren , etc. mit entsprechenden Folgen u.a. für die Ökosysteme, für die Gesundheit und für die Biodiversität.

In Deutschland kommen ca. 28.000 Pflanzen- und Pilzarten vor. Weltweit gibt es ca. 415.000 Pflanzen- und Pilzarten. Bei den Tierarten rechnet man mit ca. 1,4 Millionen Arten weltweit, davon allein ca. 48.000 in Deutschland.

Nach der Weltnaturschutzorganisation IUCN ist insbesondere die Geschwindigkeit, mit der die biologische Vielfalt weltweit abnimmt, so hoch, wie sie noch nie in der Geschichte beobachtet wurde. Auch in Deutschland werden die Roten Listen der gefährdeten Biotoptypen immer länger. Ca. 72 % aller Lebensraumtypen gelten als gefährdet. Viele Pflanzen (26%) - und Tierarten(35%) in Deutschland gelten als bestandsgefährdet.

Strategien und Handlungsempfehlungen

In Rio de Janeiro, auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung unterzeichneten 1992 bereits 181 Staaten, darunter auch Deutschland, ein Abkommen über die biologische Vielfalt.

Folgende Hauptziele wurden beschlossen:

  • Erhalt der biologischen Vielfalt
  • Nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile
  • Gerechte Verteilung der Vorteile aus der Nutzung der Ressourcen


Besonders ist, das auch die gerechte Nutzung der Naturressourcen im Zentrum der Vereinbarungen stehen und nicht nur der Erhalt.

Deutschland hat sich mit der Nationalen Strategie von 2007 dazu verpflichtet, dem Artenschutz und den Erhalt von artenreichen Lebensräumen höchste Priorität einzuräumen. Mehrere rechtliche Grundlagen wurden über die Europäische Gemeinschaft als auch über die nationale Gesetzgebung festgeschrieben. Die Kommunen sollen auf dieser Basis eine Umsetzung gewährleisten.

Die Landesregierung in NRW hat 2015 die nordrhein- westfälische Biodiversitätsstrategie verabschiedet. Beschrieben werden in der Strategie der derzeitige Ist-Zustand der Natur- und Lebensräume. Auch werden konkrete Maßnahmen für den Biodiversitätsschutz für die nächsten Jahre beschrieben. Um das Naturerbe zu erhalten und ein weiteres Artensterben aufzuhalten, sind größere Anstrengungen nötig, als bisher. Denn von den über 43.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in NRW sind etwa 45 % der untersuchten Arten gefährdet, vom Aussterben bedroht, oder bereits ausgestorben. Also eine gewaltige Aufgabe, die uns alle angeht. Das neue Landesnaturschutzgesetz in NRW bietet hier Ansätze.

umwelt.nrw

Bad Oeynhausen hat sich schon früh auf den Weg gemacht.

  1. Im Jahr 1995 wurde die Stadt Bad Oeynhausen Bundessieger Naturschutz.
     
  2. Schon frühzeitig wurde eine enge Kooperation mit der Landwirtschaft gesucht und ein Arbeitskreis „Landwirtschaft und Naturschutz“ gegründet. Der Arbeitskreis konnte bereits sein 25 jähriges Jubiläum feiern.
     
  3. Seit 2012 ist die Stadt Mitglied im Bündnis für biologische Vielfalt.
     
  4. Der Umweltausschuss hat beschlossen, das keine Herbizide oder sonstige Pflanzenschutzmittel auf städtischen Flächen eingesetzt werden sollen. Dies gilt auch für Flächen, die unter städtischer Bewirtschaftung oder unter Bewirtschaftung durch die Stadtwerke Bad Oeynhausen stehenden Flächen.
     
  5. Es sollen keine Ausnahmegenehmigungen bei den Landesbehörden für den Einsatz auf Nichtkulturflächen von evtl. glyphosathaltigen Mitteln beantragt werden.
     
  6. Private Unternehmen, die Aufträge von der Stadt zur Pflege von Grün-, Sport- und Verkehrsflächen erhalten, werden entsprechend vertraglich auf Glyphosatverzicht bei der Pflege dieser Flächen verpflichtet.
     
  7. Bei Abschluss neuer Pachtverträge wird eine entsprechende Klausel „Glyphosatverzicht“ eingefügt. Diese Klausel ist auch einzufügen bei der Verlängerung von Pachtverträgen.
     
  8. In der Beratung z.B. von privaten Gartenbesitzern sollen städtische Einrichtungen auf das Verbot der Anwendung glyphosathaltiger Mittel für befestigte Flächen hingewiesen werden.


Bereits ab Anfang der 90er Jahre wurden gezielt mit Fördermitteln und später dann mit Kompensationsmitteln noch vorhandene Feuchtwiesen erworben und extensiviert. Geeignete Flächen wurden wieder vernässt und zu artenreichen Nasswiesen entwickelt, sofern bekannt war, das es sich um artenreiche Standorte handelte und Landwirte bereit waren, sich von solchen Flächen zu trennen. Andere Flächen wurden aufgeforstet oder als Obstwiesen angelegt. Zahlreiche Bäche wurden im Rahmen der Umsetzung der WRRL renaturiert, offengelegt, durchgängig gemacht, die Sohlen angehoben, Schalen entnommen und Sekundärauen angelegt.

Der über die Jahre entwickelte Grünplan für das Stadtgebiet mündet heute in zahlreiche einzelne Konzepte wie

  • Feucht- und Nasswiesenkonzept
  • Beweidungskonzept
  • Obstwiesenkonzept
  • Blumenwiesenkonzept
  • Ackerwildkrautkonzept
  • Waldkonzept
  • Biotopverbundkonzept
  • Neophtenkonzept


Ergebnisse dieses konzeptionellen Ansatzes sind u.a., das heute noch zahlreiche Sumpfdotterblumenwiesen mit Arten wie das breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), Sumpfpipau (Crepis paludosa), Taube Trespe (Bromus sterillis), Braune Segge (Carex nigra), Wassergreiskraut (Senecio aqauticus ) oder Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris) im Stadtgebiet präsent sind. Bei den genannten Arten handelt es sich um Rote Liste Arten, z.T. mit Bundesbedeutung.

Sowohl in der Südstadt als auch in der Nordstadt gibt es jeweils ein Ackerwildkrautbiotop, das vornehmlich den Wildkräutern gewidmet ist. Dort finden wir heute noch Rote Liste Arten wie den Zahntrost (Odontites verna) oder den gekielten Feldsalat (Valarinella Dentata). In beiden Flächen werden entsprechende Lerchenfenster eingebaut.

Über die Ortsteile verteilt wurden und werden Obstwiesen mit hochstämmigen alten heimischen Obstsorten angelegt. Um die Nachhaltigkeit dieser Wiesen zu gewährleisten, werden schon seit vielen Jahren gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Natur- und Umweltschutz Bad Oeynhausen und einem heimischen Landschaftsbauer Obstbaumschnittkurse der Bevölkerung angeboten und auch gut angenommen.

Um dem Insektensterben etwas entgegenzusetzen, wurden in 2018 ca. 8000 m² Blühflächen angelegt. Für 2019 soll nochmal eine etwa gleich große Fläche mit Regio- Samenmaterial eingesät werden.

Die entwickelten Konzepte, die u.a. auch das Ergebnis des schon seit vielen Jahren durchgeführten ökologischen Flächenmanagements sind, leisten einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und zum Klimaschutz. Beispielhaft zu nennen sind hier die 40 ha Feuchtwiesen, die durch ihren relativ hohen Humusgehalt etwa 400 t/ha*a an CO2 und somit jährlich 16.000 t CO2 binden können. Zu nennen sind hier auch die seit vielen Jahren durchgeführten Aushagerungsmaßnahmen in Anpassung an die Mahdverträglichkeit. Denn durch die Mahd der Biotopwiesen zum richtigen Zeitpunkt, z.B. im Juli werden zum einen erhebliche Nährstoffe von den oft hängigen Siekwiesen durch die Entnahme des Schnittgutes ausgetragen. Gleichzeitig erhöhen diese Pflegemaßnahmen das Artenpotenzial sowohl auf den gemähten Flächen durch den Mähzeitpunkt und der Aushagerung, als auch auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf den das Schnittgut dann wieder ausgebracht wird. Da diese Arbeiten durch heimische Landwirte durchgeführt werden, kann sich das Diasporenmaterial der Biotopwiesen im gesamten Stadtgebiet ausbreiten. Eine bewirtschaftete Ackerfläche weist nur etwa die Hälfte, also 200 t/ha*a an CO² -Bindungspotenzial auf. 15 ha Aufforstungen in den letzten Jahren und ihre vielfältigen Funktionen später dann als Wald sind ein weiterer sehr wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.

Auf den kartierten Nass- und Feuchtwiesen, - überwiegend Sumpfdotterblumenwiesen-, den Glatthaferwiesen und Knickfuchsschwanzwiesen (40 ha), den städtischen Ackerwildkrautbiotopen (1,5 ha), den Industriebrachen (4 ha) oder auf den beweideten Grünlandflächen (erhebliche Ausweitung im Rahmen der Eingriffsregelung durch Ausgleich A30 ) haben sich Arten der Roten Liste und zu schützende Biotope ausgebreitet. Die Obstwiesen sind für den Biotopverbund und als Habitat für Flora und Fauna von großer Bedeutung. Die gesundheitsschädlichen und heimische Arten verdrängende invasive Ausbreitung von artfremden Pflanzen, wie z.B. Riesen-Bärenklau oder Beifußblättriges Traubenkraut konnte zurück gedrängt werden.

Für Gebäudebrüter wie Schleiereulen, Turmfalken und Fledermäuse wurden vier alte Trafohäuschen und 2 Gittermasten erhalten und z.T. mehrfach belegt.

Auf der Bebauungsplan-Ebene versucht die Stadt eine Berücksichtigung des Arten- und Biotopschutzes im Verfahren zu platzieren. Dazu gehören u.a. neben der Festsetzung von Baumpflanzungen oder auch an den jeweils infolge der Bebauung verdrängten Artenbestand angepasste z.T. externe Ausgleichsmaßnahmen.

Aber festzuhalten bleibt. Alle Konzepte stehen erst am Anfang, und müssen nachhaltig und konsequent fortgeführt werden. Weitere Konzepte werden folgen und können vorhandene Konzepte ergänzen.

z.B.:

  • bei der Gestaltung des eigenen Gartens, viel Blühendes, statt Steine, standortgerechte Sträucher, statt leblose Gabionenzäune
  • bei der Auswahl von Mobilität, z.B. auch an den CO²-Ausstoß denken und entsprechend handeln
  • bei der Ernährung, z.B. regional handeln, statt auch im Dezember noch Erdbeeren aus Israel, etc.
  • sich mit Ideen und Engagement einbringen, z.B. wenn es um Biodiversität geht, etc.