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Stadt Bad Oeynhausen

Deutsches Märchen- und Wesersagenmuseum

Provenienzforschung
Am Kurpark 3
32545 Bad Oeynhausen

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Öffnungszeiten

Deutsches Märchen- und Wesersagenmuseum
Mittwoch 11:00 – 13:00 Uhr & 14:00 – 18:00 Uhr (und nach Vereinbarung)
Donnerstag 11:00 – 13:00 Uhr & 14:00 – 18:00 Uhr (und nach Vereinbarung)
Freitag 11:00 – 13:00 Uhr & 14:00 – 18:00 Uhr (und nach Vereinbarung)
Samstag 11:00 – 13:00 Uhr & 14:00 – 18:00 Uhr (und nach Vereinbarung)
Sonntag 11:00 – 13:00 Uhr & 14:00 – 18:00 Uhr (und nach Vereinbarung)

Provenienzforschung im Märchenmuseum

Untersuchungen zum Nachlass des Museumsgründers Karl Paetow.

Seit Januar 2025 untersucht die Provenienzforscherin Layla Pankratz die Gründungssammlung des Deutsches Märchen- und Wesersagenmuseums. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK) gefördert.

Provenienzforschung als Schlüssel zur Vergangenheit

Provenienzforschung befasst sich mit der Herkunft von Kulturgütern, also Dingen, denen man eine besondere kulturelle Bedeutung zuschreibt: Das können zum Beispiel Kunstwerke sein, Schriften, Bücher, Musikstücke oder auch besondere Alltagsgegenstände.

Schon länger erschließt die Provenienzforschung die Hintergründe und die Geschichte von Kunstsammlungen für den Kunstmarkt. Auch für Einrichtungen wie Museen, die Kulturgüter aufbewahren und ausstellen, ist sie in diesem Sinne aktiv. Dabei nimmt Provenienzforschung unter anderem die Kontakte und Netzwerke damaliger Mitarbeiter in den Blick – und erforscht dabei auch verschiede Aspekte der Geschichte solcher Einrichtungen. Um mehr über die Hintergründe von einzelnen Exponaten herauszufinden fragt sie zudem: Welche Eigentümer hatten diese bisher und an welchen Orten befanden sie sich?

Raubkunst im Deutschen Märchen- und Wesersagenmuseum?

Anfang 2023 berichtete die Neue Westfälische (NW) ausführlich darüber, dass der Museumsgründer Karl Paetow Mitarbeiter im Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg war, und zwar während des Zweiten Weltkrieges im besetzten Westeuropa. Der Einsatzstab war eine Art „Raubkunst-Organisation“ der Nationalsozialisten und eignete sich in gewaltigem Ausmaß Kulturgüter verfolgter Personen an (darunter zu einem großen Teil die von deportieren Juden). In ihren Recherchen bezog sich die NW unter anderem auf Dr. Norbert Sahrhage, der diese Erkenntnis als Erster publik gemacht hatte.  Der Kulturausschuss der Stadt Bad Oeynhausen beauftragte Sahrhage deshalb mit einem Gutachten – in dem dieser die Verstrickungen Paetows in den Nationalsozialismus ausführlicher nachweisen konnte. Sahrhage konnte dabei nicht ausschließen, dass sich Raubgüter in der Gründungssammlung des Märchen- und Wesersagenmuseums befinden (Paetow hatte diese Sammlung aus seinem Privatbesitz heraus aufgebaut).

Aus diesem Grund beantragte die Stadt Bad Oeynhausen eine zweijährige Förderung für ein Proveninzforschungsprojekt, und zwar beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK), das Kultureinrichtungen seit 2015 finanziell bei solch einem Vorhaben unterstützt. Der Antrag selber konnte realisiert werden dank umfangreicher fachlicher Unterstützung durch die Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen (KPF.NRW).

Das Projekt

Hauptziel des Projekts ist es, die Frage zu klären: Befindet sich NS-Raubgut in der Gründungssammlung des Deutschen Märchen- und Wesersagenmuseums? Gestartet ist es zu Jahresbeginn und wird durchgeführt von der Provenienzforscherin Layla Pankratz (unter der Leitung von Dr. Hendrik Tieke, Städtische Museen, und Stefanie Hillebrand, Stadtarchiv).

Zum einen nimmt das Projekt Paetows Arbeit für den „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ ausführlich in den Blick. Zum anderen untersucht es die Hintergründe der Objekte aus Karl Paetows Gründungssammlung des Museums. Die Sammlung selber umfasst mehr als 4000 Exponate: Darunter Grafiken, Bilder, Drucke, Figuren, Bücher und vieles mehr. Um die Sammlung für das Projekt nutzbar zu machen, erschließt sie das Team der Städtischen Museen seit Mai 2024 in im Rahmen einer aufwendigen Inventur – unterstützt von 5 ehrenamtlichen Helferinnen.

Neben der Sammlung selber widmet sich das Projekt Paetows umfangreichen schriftlichen Nachlass, der im Stadtarchiv Bad Oeynhausen aufbewahrt wird. Er enthält etwa Briefe, Notiz-Zettel, Einkaufsbelege, Manuskripte und verschiedene Dokumente aus dem Alltagsleben. Einiges davon dürfte Einblicke liefern in Paetows Tätigkeiten in den besetzten Gebieten, in seine Netzwerke und Kontakte während des Krieges und in der Nachkriegszeit. Neben dem Stadtarchiv Bad Oeynhausen werden weitere Archive im In- und Ausland aufgesucht werden.

Der größere Zusammenhang: Provenienzforschung in Deutschland

Das Forschungsprojekt ist vor einem größeren Zusammenhang zu verstehen. In Deutschland liegt nämlich die Frage nach dem Hintergrund von Sammlungen spätestens seit 2012 in verstärktem Fokus – insbesondere, wenn es um Raubgut aus der NS-Zeit geht. Damals erregte der „Kunstfund Gurlitt“ großes Aufsehen: Bei einem Privatsammler wurden über 400 Kunstwerke entdeckt, bei denen der Verdacht bestand, dass sie in der NS-Zeit widerrechtlich ihren Besitzern geraubt worden waren. Die Bundesrepublik selber wiederum hat bereits 1998 die „Washingtoner Prinzipien“ unterzeichnet, genauso wie 43 weitere Staaten und 12 NGOs. Damit hat sie sich verpflichtet, NS-Raubgut zu identifizieren und faire und gerechte Lösungen zu finden, um sie dessen rechtmäßigen Besitzern und Erben zurückzugeben oder einen anderweitigen Ausgleich zu schaffen („Restitution“). Verstärkt wurde diese Willensbekundung ein Jahr später: In der sogenannten „Gemeinsamen Erklärung“, verpflichteten sich die Träger öffentlicher Einrichtungen, von den Nationalsozialisten beschlagnahmte Kulturgüter zurückzugeben.

Weitere Informationen

Biografische Hintergrundinformationen zu Karl Paetow finden Sie hier:

https://www.badoeynhausen.de/freizeit-kultur-sport/kultur/staedtische-museen/deutsches-maerchen-und-wesersagenmuseum/ueber-den-museumsgruender


Mehr zu den Aktivitäten des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste sowie die Objekt- und Forschungsdatenbanken Lost Art und Proveana finden Sie hier:

https://kulturgutverluste.de/
https://www.lostart.de/de/start
https://www.proveana.de/de/start

 

Hintergrundinformationen zu den Washingtoner Prinzipien und der Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz („gemeinsame Erklärung“) finden Sie hier:

https://kulturgutverluste.de/kontexte/ns-raubgut

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