Die Derrickkräne an der Rehmer Insel – Ein Kleinod für Bad Oeynhausen

Am Weserradweg trifft man zwischen „Altem Fährhaus“ und der Werremündung auf ein technisches Denkmal: Die Ladekräne der erloschenen Holzimport-Firma Landré & Bartels.

Ein Exkurs von Wilhelm Siegmann

Bautechnik der Derrickkräne

Bauantrag der Firma Landré & Bartels für die Aufstellung eines Kranes an der Weser, Fährweg 9, in der Nähe des Diekmann´schen Anwesens, in: Bauakte 1928-1929, Stadt Bad Oeynhausen, Bauordnung.

Im September 1928 stellt Landré & Bartels – Holzimport- und Hobelwerk – den Antrag auf Aufstellung eines Derrickkrans nahe des Diekmannschen Anwesens am Fährweg 9 in Rehme. Die Genehmigung erfolgt im Oktober. Mit dem Bau wird die Firma Schmidt-Tychsen beauftragt. Dem Bauantrag zufolge handelt es sich um eine Holzkonstruktion eines senkrechten Holzmastes mit zwei Abspannungen sowie einem 19 m langen und etwa 40 cm dicken Fichtenstamm als absenkbarem Ausleger. Bei einem Schwenkbereich von 230° beträgt seine Tragfähigkeit 3 bis 3,5 t. Der Ausleger wird von fünf Seilsträngen mit je 14 mm Durchmesser gehalten. Für die Last sind drei Seilstränge vorgesehen, deren Bruchfestigkeit bei etwa 10 t liegt. Das Eigengewicht des Holzkranes beträgt schätzungsweise 3,8 t. Mit einer Maximallast von 7,2 t ergibt sich eine Fundamentbelastung von 11 t. 

Die beiden Abstützungen des senkrechten Mastes stehen zum damaligen Zeitpunkt westlich des heutigen Radwegs. In jedem Betonfundament werden 9 m³ Beton mit einem Gewicht von 19 t verbaut.

Mit den Kränen können Lasten gehoben und zugleich geschwenkt werden. Sie sind Bestandteil der Ladegeschirre an den Masten von Schiffen. Alle auftretenden Zug- und Druckkräfte und die erforderliche Biegesteifigkeit sind beherrschbar. Unverzichtbar sind Derrickkräne heute z.B. im Hochhausbau, beim Brückenvortrieb oder als Mobilkran beim Bau von Windkraftanlagen.

Auszüge aus der Bauakte 1928-1929

Unterdenkmalstellung der Derrickkräne

Für die Unterdenkmalstellung am 13. August 2009 wird ihre Funktion wie folgt beschrieben:

„Der Derrickkran, ein sogenannter Wippkran mit einer Tragfähigkeit von 5 t, besteht aus einer zentralen Säule auf einem Drehschemel, zwei rückwärtigen Verankerungen aus eisernen Gitterträgern, dem Kranausleger und einem Maschinenhaus zur Aufnahme des Windwerkes zum Drehen des Auslegers sowie eines weiteren. Beide Windwerke werden elektrisch betrieben. Die Kraftübertragung erfolgt durch Stahlseile. Ergänzend sei angemerkt, dass für den nördlichen Kran die Säule aus Profilstahl und Blechlaschen gefertigt ist. Der Ausleger ist eine eiserne Fachwerkkonstruktion mit einer Verjüngung an beiden Enden. Beim südlichen Kran bestehen zentrale Säule und rückwärtige Verankerungen aus Profilstahl.“

Historie von den 30er bis in die 70er Jahre

Die Firma Landré & Bartels expandiert und erweitert 1933 mit weiteren Lagerhallen und der Errichtung eines weiter südlich gelegenen Derrickkrans ihr Firmengelände. Der Fundamentplan und der Kräfteplan der Auslegeneigung wird am 28.08.1933 für den Bau auf dem neuerworbenen Niedermeyerschen Grundstück genehmigt. Der zweite Kran wird gebaut. Der Windenantrieb erfolgt mit Elektromotoren, denn im Bauschein von 1933 wird für die Größe des Fundamentpfeilers die Berücksichtigung von Motor- und Bremskräften gefordert. Im Jahr 1955 erneuert die Firma Schmidt-Tychsen beide Kräne. In den 70er Jahren werden die Antriebssysteme erneut dem Stand der Technik angepasst, laut Auskunft eines Mitarbeiters der Firma Schmidt-Tychsen. Unterlagen dazu sind im Firmenarchiv nicht mehr vorhanden. Bei Umbauarbeiten muss ein Stützpfeiler des nördlichen Krans auf der östlichen Seite des Weges in das Kranhäuschen integriert worden sein.

Technisches Denkmal unseres Weserraumes

Wie erwähnt werden 2009 beide Derrickkräne in die Denkmalliste der Stadt Bad Oeynhausen aufgenommen. Damit wird die Bedeutung für die Geschichte Rehmes und der holzverarbeitenden Industrie unseres Raumes gewürdigt. Als technische Denkmale sind die beiden Kräne eine Attraktion am Weserradweg.

Das Denkmalamt in Münster erklärt gegenüber einer Klage des ehemaligen Eigentümers gegen die Aufnahme in die Denkmalliste die Kräne als „einzigartig in der Region. In Westfalen-Lippe kennen wir keinen anderen solchen Kran.“ Der Stadt Hameln gelang es beispielsweise nicht, ihren Derrickkran mit einer Auslegelänge von 28 m auf dem Gelände der ehemaligen Firma Holz-König an der Weserpromenade als Denkmal zu retten. Im Rahmen der damals dort über Jahre geführten Diskussion, fragte die Stadt Hameln sogar in Bad Oeynhausen zwecks Übernahme wesentlicher Bauteile der beiden Rehmer Derrickkräne an. Die Anfrage wurde abschlägig beschieden, denn Bad Oeynhausen hatte ihre Kräne mittlerweile unter vorläufigen Denkmalschutz gestellt.

Woher der Name?

Der Name „Derrick“ geht wohl auf den englischen Henker Thomas Derrick zurück, der mehr als 3.000 Menschen exekutiert haben soll. Als Seemann 1596 in Freiheit, diente er im französischen Cadiz dem Earl of Essex als Henker. Er bediente sich eines dreibeinigen Galgens, um auch bei einer großen Zuschauermenge allen Schaulustigen eine gute Sicht zu ermöglichen.

Quellen:

Denkmalpflege der Stadt Bad Oeynhausen, Archiv: Genehmigungsverfahren des südlichen Derrickkrans (1933), der eine „Kopie“ des nördlichen Krans (1928) darstellt.
Da kein Bild des hölzernen Weserkrans existiert, sei verwiesen auf eine Ansicht des Museumskrans im Steinbruch Michelnau: https://steinbruch-michelnau.de/industriedenkmal-2/#DerHolz-Derrick-Kran